Listen "Beschreibung von Kleine Freuden, 1913"
Episode Synopsis
Betrachten wir dieses Werk in allen Einzelheiten.
Transcript
Narrator: "Kleine Freuden" ist ein Ölgemälde auf Leinwand von etwa 1,20 m Höhe und 1,20 m Breite, randvoll angefüllt mit Farben, Strukturen, Linien und Symbolik. Auf einem Berg, der markant in der Bildmitte platziert ist, sehen wir eine geometrische, mehrfarbige Stadt. Jenseits und oberhalb davon: ein weiterer Berg, auf dem eine Stadt mit einer blauen Stadtmauer thront.
Die linke Seite des Gemäldes ist in hellen, lebhaften Farben gehalten. In der Ecke links oben entsendet eine hellrosa-farbene Sonne ihre dunstig roten Strahlen. Darunter werden die Formen von Pferden und Reitenden, die um den entfernteren Berg galoppieren, durch vereinfachte, lebendig-geschwungene Linien zum Ausdruck gebracht. Unten links ist eine brillant leuchtende Landschaft erkennbar, in blauen, gelben, violetten, orangenen und cremegetönten Farben, mit Abschnitten, die von dunkleren Flecken wie von Rotwein, sattem Violett, Ultramarinblau und Smaragdgrün abgedeckt sind.
Rechts von den Bergen sind die Farben insgesamt dunkler. Eine Unheil verkündende, schwarze Wolke harrt verhängnisvoll über der Stadt mit ihrer blauen Stadtmauer rechts auf der Leinwand. Darüber schwebt eine weiße Wolke unter einem vielfarbigen Firmament in verwischtem Violett, Blau, Grün, Orange und Rot. Unterhalb der schwarzen Wolke lassen stürmisch-goldene Wellen ein zinnoberrotes, mit drei langen schwarzen Rudern ausgestattetes Boot auf- und abtanzen. In der Ecke unten rechts sehen wir zwei große, undeutliche Figuren – eine ist in Weiß und Zitronengelb, die andere in sattem Pink mit einem Hauch von Grün, Orange, Gelb und Weiß gehalten. Beide Figuren haben rote, blaue und grüne Umrisse.
Metallene Zusätze, die der Ölfarbe flächig beigemischt wurden, erzeugen einen gedämpften, schimmernden Effekt. Manche Abschnitte sind durch großzügig aufgetragene Farbe, grobe Pinselstriche und teilweise auch getüpfelt aufgetragen und stark strukturiert. Farben verschwimmen, gehen ineinander über und lösen sich über die gesamte Oberfläche dieses Werks auf. Verschwommene und in amorphen Farben gehaltene Abschnitte vermengen sich mit anderen; und erkennbare Formen scheinen zu entströmen anstatt innerhalb klarer Begrenzungslinien zu bleiben. Locker aufgetragene, mehrfarbige Linien ziehen Schleifen und wirbeln über die ganze Leinwand. Alles vibriert und erinnert an ein tosendes Feuerwerk.
Das Werk entstand im Juni 1913, als Kandinsky sich noch nicht zwischen figürlicher und abstrakter Kunst entschieden hatte. In seiner Kölner Vorlesung im darauffolgenden Jahr erläuterte er: „Ich löste Gegenstände mal mehr mal weniger innerhalb desselben Bildes auf, sodass nicht alle zugleich erkannt werden und damit diese emotionellen Andeutungen nach und nach vom Betrachtenden erlebt werden, eine nach der anderen.“
Dieses Werk verleiht Einblick in Kandinskys Beziehung zur Natur, besonders in diesem Moment, wenn er sich mit einer Rückkehr aufs Land und zu sozialen Bewegungen auseinandersetzt, die mit Beistandsverabredungen, Malen im Freien und Pflegen des eigenen sogenannten Küchengartens zu tun haben. "Kleine Freuden" ist ein Ausdruck der Ehrerbietung und Dynamik in der Natur, ihrer Großartigkeit und Kraft aufgrund der hell leuchtenden Sonne, von gewaltigen Bergen, stürmischen Wolken, tosenden Wellen und dramatischen Landschaften.
Wir können die Arbeit als einen freudevollen Ausdruck der Wonne werten, die Kandinsky beim Schaffensakt empfand. Er selbst sagt: „Es ging mir darum, mich gehen zu lassen und eine Anhäufung kleiner Freuden auf die Leinwand zu bringen.“
Vasily Kandinsky, "Kleine Freuden," Juni 1913. Öl auf Leinwand, 110,5 x 120 cm Solomon R. Guggenheim Museum, New York, Sammlung Solomon R. Guggenheim Foundation. 43.921 © 2021 Artists Rights Society (ARS), New York/ADAGP, Paris
Transcript
Narrator: "Kleine Freuden" ist ein Ölgemälde auf Leinwand von etwa 1,20 m Höhe und 1,20 m Breite, randvoll angefüllt mit Farben, Strukturen, Linien und Symbolik. Auf einem Berg, der markant in der Bildmitte platziert ist, sehen wir eine geometrische, mehrfarbige Stadt. Jenseits und oberhalb davon: ein weiterer Berg, auf dem eine Stadt mit einer blauen Stadtmauer thront.
Die linke Seite des Gemäldes ist in hellen, lebhaften Farben gehalten. In der Ecke links oben entsendet eine hellrosa-farbene Sonne ihre dunstig roten Strahlen. Darunter werden die Formen von Pferden und Reitenden, die um den entfernteren Berg galoppieren, durch vereinfachte, lebendig-geschwungene Linien zum Ausdruck gebracht. Unten links ist eine brillant leuchtende Landschaft erkennbar, in blauen, gelben, violetten, orangenen und cremegetönten Farben, mit Abschnitten, die von dunkleren Flecken wie von Rotwein, sattem Violett, Ultramarinblau und Smaragdgrün abgedeckt sind.
Rechts von den Bergen sind die Farben insgesamt dunkler. Eine Unheil verkündende, schwarze Wolke harrt verhängnisvoll über der Stadt mit ihrer blauen Stadtmauer rechts auf der Leinwand. Darüber schwebt eine weiße Wolke unter einem vielfarbigen Firmament in verwischtem Violett, Blau, Grün, Orange und Rot. Unterhalb der schwarzen Wolke lassen stürmisch-goldene Wellen ein zinnoberrotes, mit drei langen schwarzen Rudern ausgestattetes Boot auf- und abtanzen. In der Ecke unten rechts sehen wir zwei große, undeutliche Figuren – eine ist in Weiß und Zitronengelb, die andere in sattem Pink mit einem Hauch von Grün, Orange, Gelb und Weiß gehalten. Beide Figuren haben rote, blaue und grüne Umrisse.
Metallene Zusätze, die der Ölfarbe flächig beigemischt wurden, erzeugen einen gedämpften, schimmernden Effekt. Manche Abschnitte sind durch großzügig aufgetragene Farbe, grobe Pinselstriche und teilweise auch getüpfelt aufgetragen und stark strukturiert. Farben verschwimmen, gehen ineinander über und lösen sich über die gesamte Oberfläche dieses Werks auf. Verschwommene und in amorphen Farben gehaltene Abschnitte vermengen sich mit anderen; und erkennbare Formen scheinen zu entströmen anstatt innerhalb klarer Begrenzungslinien zu bleiben. Locker aufgetragene, mehrfarbige Linien ziehen Schleifen und wirbeln über die ganze Leinwand. Alles vibriert und erinnert an ein tosendes Feuerwerk.
Das Werk entstand im Juni 1913, als Kandinsky sich noch nicht zwischen figürlicher und abstrakter Kunst entschieden hatte. In seiner Kölner Vorlesung im darauffolgenden Jahr erläuterte er: „Ich löste Gegenstände mal mehr mal weniger innerhalb desselben Bildes auf, sodass nicht alle zugleich erkannt werden und damit diese emotionellen Andeutungen nach und nach vom Betrachtenden erlebt werden, eine nach der anderen.“
Dieses Werk verleiht Einblick in Kandinskys Beziehung zur Natur, besonders in diesem Moment, wenn er sich mit einer Rückkehr aufs Land und zu sozialen Bewegungen auseinandersetzt, die mit Beistandsverabredungen, Malen im Freien und Pflegen des eigenen sogenannten Küchengartens zu tun haben. "Kleine Freuden" ist ein Ausdruck der Ehrerbietung und Dynamik in der Natur, ihrer Großartigkeit und Kraft aufgrund der hell leuchtenden Sonne, von gewaltigen Bergen, stürmischen Wolken, tosenden Wellen und dramatischen Landschaften.
Wir können die Arbeit als einen freudevollen Ausdruck der Wonne werten, die Kandinsky beim Schaffensakt empfand. Er selbst sagt: „Es ging mir darum, mich gehen zu lassen und eine Anhäufung kleiner Freuden auf die Leinwand zu bringen.“
Vasily Kandinsky, "Kleine Freuden," Juni 1913. Öl auf Leinwand, 110,5 x 120 cm Solomon R. Guggenheim Museum, New York, Sammlung Solomon R. Guggenheim Foundation. 43.921 © 2021 Artists Rights Society (ARS), New York/ADAGP, Paris
More episodes of the podcast Solomon R. Guggenheim Museum
About the Artist
10/07/2025
On Sanguine, 2024
02/06/2025
Artist Introduction
02/06/2025
Black Steel in the Hour of Chaos, 2008
02/06/2025
Artistic Evolution
02/06/2025
Toni Morrison: The Bluest Eye
02/06/2025
ZARZA We are Zarza, the prestigious firm behind major projects in information technology.